Blobfisch unter Wasser

Avatar
Lisa Ernst · 19.09.2025 · Wissenschaft · 5 min

Der Blobfisch, umgangssprachlich für Arten der Familie Psychrolutidae, ist bekannt für sein „Gesicht“, das durch Druckveränderungen an der Oberfläche entsteht. Unter Wasser zeigt er eine fischähnlichere Gestalt. Dieser Artikel beleuchtet die Diskrepanz zwischen Meme und Realität, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.

The Blobfish: Myth vs. Reality

Der Begriff "Blobfish" bezeichnet umgangssprachlich mehrere Arten der Familie Psychrolutidae, auch bekannt als Fathead Sculpins. Am häufigsten ist damit Psychrolutes marcidus gemeint, der Glattkopf-Blobfisch aus australischen Gewässern. Sein Lebensraum befindet sich am Meeresboden des Kontinentalhangs, typischerweise in 600 bis 1200 Metern Tiefe. Dort ist der Umgebungsdruck 60 bis über 100-mal höher als an Land (fishesofaustralia.net.au; sciencefocus.com). Anders als viele Knochenfische besitzt der Blobfisch keine Gasblase. Sein Körper ist weich, schwach verknöchert und leicht weniger dicht als Wasser, was ihm ermöglicht, knapp über dem Grund zu "schweben" (nationalgeographic.com).

Im Jahr 2003 wurde ein Exemplar, später "Mr Blobby" genannt, während der NORFANZ-Expedition auf dem Norfolk-Rücken in einer Tiefe von 1013 bis 1340 Metern gefangen. Das virale Foto entstand an Deck, nicht unter Wasser (australian.museum). 2013 gewann der Blobfisch eine öffentliche Online-Abstimmung der Ugly Animal Preservation Society als "world’s ugliest animal". Dies war eine bewusst zuspitzende Kampagne für den Naturschutz von "uncharismatischen" Arten. Im Jahr 2025 wurde der Blobfisch in Neuseeland zum "Fish of the Year" gewählt. Die Organisatoren verwiesen dabei auf Risiken durch Tiefseeschleppnetz-Fischerei und auf unklare Bestandsschätzungen (scoop.co.nz). Unter Wasser gibt es belegte ROV-Aufnahmen naher Verwandter: von Psychrolutes occidentalis bei etwa 1220 m vor Westaustralien und vom Blob Sculpin Psychrolutes phrictus beim Brutpflege-Verhalten in 1000 bis 1600 m Tiefe (mbari.org).

Das "schmelzende Gesicht" des Blobfisches hielt sich, weil das dramatische Deck-Foto Emotionen auslöst und sich perfekt für Memes eignet, während echte Tiefsee-Aufnahmen schwer zugänglich sind. Die Kampagne von 2013 nutzte diese Dynamik, um Aufmerksamkeit auf wenig "fotogene" Arten zu lenken – eine Medienstrategie, die funktioniert, aber das Bild verzerren kann (theguardian.com). Fachlich ist die Sache prosaischer: Ohne Gasblase, mit weichem Gewebe und schwacher Verknöcherung passt sich der Blobfisch an hohen Druck an. An der Oberfläche verformen sich Gewebe und Proportionen, was die Meme-Optik erzeugt (nationalgeographic.com; nationalgeographic.com). Medien greifen zudem häufig auf naheliegende Stock-Fotos zurück, was die Unterwasser-Realität weiter in den Hintergrund drängt. Ein weiteres Puzzleteil: Licht verschwindet in der Tiefe, Farben wirken anders – deshalb sehen Fische unter Wasser oft grauer oder blauer aus, was die visuelle Überprüfung erschwert (oceanexplorer.noaa.gov).

Quelle: YouTube

MBARI zeigt hier einen nahen Verwandten, den Blob Sculpin, beim Bewachen der Eier in etwa 1000 m Tiefe – seltene, seriöse Unterwasserbilder als hilfreicher Kontext (mbari.org).

Belegt ist: Der Lebensraum von Psychrolutes marcidus liegt am Kontinentalhang in 600 bis 1200 m Tiefe vor Australien und Tasmanien. Der Körper ist weich, schuppenlos und schwach verknöchert. Belegt ist auch: Der Blobfisch besitzt keine Gasblase. Unter hohem Druck hält die Umgebung seine Form, an der Oberfläche kollabiert das Gewebe – daher die starke Diskrepanz zwischen Unterwasser- und Deck-Foto (nationalgeographic.com; nationalgeographic.com).

So sieht der Blobfisch in seiner natürlichen Umgebung in der Tiefsee aus: schlank und mit großen Augen.

Quelle: americanoceans.org

So sieht der Blobfisch in seiner natürlichen Umgebung in der Tiefsee aus: schlank und mit großen Augen.

Unklar ist, wie alt Blobfische tatsächlich werden und wie ihr Gesamtbestand einzuschätzen ist. Selbst in öffentlichen Kampagnen wird die Schutzlage als unsicher beschrieben; robuste Populationsdaten fehlen (scoop.co.nz).

Falsch/Irreführend ist die Behauptung "So sieht ein Blobfisch unter Wasser aus" in Bezug auf das virale Foto. Das Bild zeigt ein an der Oberfläche verformtes Tier. Unterwasser-Aufnahmen naher Verwandter und ROV-Bilder aus der Tiefe belegen eine deutlich fischähnlichere Gestalt (nationalgeographic.com; australian.museum; mbari.org).

Museen und Forschende betonen seit Jahren die Anpassungsleistung statt der vermeintlichen "Hässlichkeit": Der Mr-Blobby-Blog des Australian Museum erklärt Fangkontakt, Tiefe und Foto-Umstände, inklusive des kleinen Parasiten am Mundwinkel, der die Meme-Optik noch auffälliger macht (australian.museum). Populäre Medien greifen das Korrektiv auf: Smithsonian und National Geographic ordnen den Druckeffekt und die fehlende Gasblase als Kern der Verwandlung ein (smithsonianmag.com; nationalgeographic.com).

Manche Blobfisch-Arten besitzen Stacheln, die ihnen in der Tiefsee Schutz bieten.

Quelle: animalia-life.club

Manche Blobfisch-Arten besitzen Stacheln, die ihnen in der Tiefsee Schutz bieten.

Wenn ihr künftig "blobfish underwater" sucht, prüft zuerst: Zeigt die Quelle echte Tiefsee-Aufnahmen oder ein Deck-Foto? ROV-Videos von Forschungsinstituten sind Goldstandard, etwa MBARI oder Nautilus Live (mbari.org; oceanexplorer.noaa.gov). Zweitens: Passt die Tiefe zur Art? Bei P. marcidus sind 600 bis 1200 m typisch; Abweichungen können auf Verwechslungen mit anderen Psychrolutes-Arten hinweisen. Drittens: Kontexteinordnung. Kampagnen wie "Ugliest Animal" wollten Aufmerksamkeit schaffen, nicht Biologie abbilden – seht solche Labels als Aufhänger, nicht als Fakt (theguardian.com).

Quelle: YouTube

Nautilus Live zeigt mehrere Blob Sculpins in situ – hilfreiche Referenz, wie Psychrolutidae unter Druck wirklich aussehen.

Die Farbgebung des Blobfischs kann variieren, oft sind sie bräunlich oder rosa getönt.

Quelle: a-z-animals.com

Die Farbgebung des Blobfischs kann variieren, oft sind sie bräunlich oder rosa getönt.

Wie häufig und wo genau P. marcidus unter Wasser beobachtet wird, bleibt ungeklärt; belastbare In-situ-Fotos der Art sind selten. Mehr ROV-Einsätze in den bekannten Verbreitungsgebieten könnten Morphologie, Verhalten und Bestand besser dokumentieren. Auch der Einfluss von Tiefseeschleppnetz-Fischerei auf Blobfisch-Bestände braucht Daten, die über Kampagnen-Hinweise hinausgehen (scoop.co.nz).

"Blobfish underwater" ist weniger Schock als Schulbuch: Unter Druck ist der Blobfisch ein spezialisiertes, langsam lebendes Bodentier mit weichem Körper und ohne Gasblase. Das berüchtigte Foto zeigt kein "natürliches" Aussehen, sondern einen Druckeffekt an der Oberfläche. Wer Originalquellen nutzt und Tiefsee-Kontext mitdenkt, sieht hinter dem Meme eine bemerkenswerte Anpassungsgeschichte (nationalgeographic.com; australian.museum; fishesofaustralia.net.au).

Teilen Sie doch unseren Beitrag!